Das wollte ich schon so lange mal machen, eine Wildpflanzenexkursion mit Dr. Christine Volm von wild & roh. Ist ja quasi vor der Haustür, in Sindelfingen. Aber wie das halt so ist… Was man nicht fix plant, wird unter Umständen nie was. Gestern hab ich es dann endlich gewuppt! Übrigens sind wir gerade noch so vor dem großen Regen fertiggeworden mit der Exkursion.

War das toll! Wir waren eine kleine Gruppe und haben uns erstmal lange im Stiftgarten von Sindelfingen aufgehalten. Trotz örtlicher Nähe kenne ich von Sindelfingen nur den großen Autohersteller, den schwedischen Möbelhändler – und früher war da mal eine Konzerthalle, in der ich öfter war. Überraschung: Sifi ist nicht nur Industriegebiet, sondern hat ein richtig schnuckeliges Altstädtchen und da befindet sich der Stiftshof. Und in dem allein kann man sich schon stundenlang mit essbaren Wildpflanzen und oder Heilpflanzen beschäftigen. Was wir auch getan haben. Inklusive ausführlichem Naschen!

Das finde ich übrigens eine gute Empfehlung: nicht durch die Gegend rennen, sondern sich an einem Platz lange aufhalten und schauen, was da wächst. Je länger man guckt, desto mehr Vielfalt entdeckt man! Wobei wir nach dem Stiftshof noch eine schöne Strecke gelaufen und viel Wildobst kennengelernt haben.

Für mich war total spannend, dass die verschiedenen Pflanzen, welche Bitterstoffe enthalten, ganz und gar nicht einfach „bitter“ schmecken. Sondern dass ein und dieselbe Pflanze von verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich empfunden wird. Mir ging es z.B. so, dass ich den Wermut eher herb-würzig, aber gar nicht schrecklich bitter empfunden habe – was man ihm ja nachsagt. Zumindest erinnere ich mich, dass bei einer Fastenreise auch Wermut-Tee im täglichen Angebot war und der sehr empfohlen wurde. Aber wirklich niemand wollte den trinken. Dafür empfand ich gestern den Herbstlöwenzahn als wirklich grauslich bitter und würde den never ever in den Salat mischen. Andere Menschen tun das schon.

Toll war auch, Spitzwegerich in seinen verschiedenen Wachstumsstadien zu probieren. Kaum zu glauben, dass die Blätter anders schmecken als die Blütenknospen und die wieder anders als die Blüten. Wenngleich alle irgendwie mit Champignonaroma daherkommen – es gibt Unterschiede. Wer gerne kocht, wird darauf achten.

Wenn man jetzt noch bedenkt, dass a) Wildpflanzen viel mehr Inhaltsstoffe haben als Kulturpflanzen (weil denen viele Inhaltsstoffe zugunsten Einheitlichkeit und Wohlgeschmack weggezüchtet wurden) und b) sie überall wachsen, ohne dass wir sie säen, gießen oder sonstwie pflegen müssen… Fragt man sich schon, warum wir diesen Schatz nicht heben, oder?

Macht doch mal einen Selbstversuch! Bereitet Löwenzahnblätter zu wie Blattspinat. Und dann fragt euch mal, wie lange ihr davon satt bleibt –im Vergleich zum Kulturspinat. Ich fand das bei meiner ersten Wildpflanzenmahlzeit total verblüffend, dass dieselbe Menge Grünzeug viel länger vorhält. Und das zeigt doch, wie viel mehr im wilden Grün steckt!

Also – ich hab jedenfalls gedanklich umstrukturiert. Im Garten werden die Beete nicht mehr „gejätet“, sondern es wird Wildgemüse geerntet. So heißt das jetzt bei mir! Diesen Monat gab es bei uns schon: Löwenzahn, Giersch, Brennnessel, Gundermann, Spitzwegerich, Breitwegerich, Hirschhornwegerich, Vogelmiere, Weißen Gänsefuß, Taubnessel… bestimmt hab ich was vergessen.

Und weißt du was – die wachsen alle wild bei uns im Garten –und deshalb auch auf dem Balkon. Ich hab nämlich von den genannten – und noch viel mehr – jeweils ein paar Exemplare auf dem Balkon gepflanzt. So kann ich die Pflanzen besser kennenlernen, weiß wie sie in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien aussehen und werde so immer sicherer bei der Pflanzenbestimmung. Denn eines ist hoffentlich klar und für den Fall, das nicht, will ich das jetzt mal laut und deutlich schreiben: GEGESSEN WIRD NUR, WAS MAN EINDEUTIG BESTIMMEN KANN!!!

Bringt man die essbaren Wildpflanzen auf den Balkon, die Terrasse, das Fensterbrett, kann man jeden Tag direkt daheim ernten. Kürzer kann der Weg zur Küche nicht werden und frischer wird’s nicht mehr! Und das alles auch noch mit dem pflegeleichtesten Gemüse überhaupt: Wildgemüse.

Wie schaut es bei dir aus? Hast du auch schon Wildpflanzen gegessen? Was sind deine Lieblinge? Und wenn du noch keine probiert hast – was hat dich bisher abgehalten?

2 Comments

  1. Ingeborg Oktober 8, 2023 at 5:44 pm - Reply

    Ich habe einen kleinen 35qm-Garten. Nachdem viele gekaufte Pflanzen, die so schön aussahen und toll für Bienen und Co. sein sollten, habe ich (ein wenig aus Frust) beschlossen, nun einfach „mal (fast) nix zu machen und zu schauen, was von alleine wächst in den Lücken und auf dem Rasen, der doch wild werden sollte. Nun habe ich viiiel Spitzwegerich, Schafgarbe, Wilde Möhre, Giersch, Johanniskraut, Beinwell, Löwenzahn, Ferkelkraut, Pippau, Pimpinelle… Im vorigen Jahr gab es viele Nachtkerzen, in diesem Jahr kaum welche (???). Und ich freue mich wie du über das Wildgemüse, das ohne Pflege wächst (z. B. alle zwei Wochen eine ausreichende Portion Giersch für meinen Mann und mich).
    Aus einer Samen-Mischung säten sich aus: Blutweiderich, ein riesiger wunderschöner Natternkopf,..
    Einige Kräuter habe ich gekauft und sie fühlen sich teilweise sehr wohl, besonders der Thymian.
    Ich freue mich über den Austausch mit dir, denn ich habe die gleichen Herzensthemen.
    Herzliche Grüße
    Ingeborg

    • admin Oktober 8, 2023 at 6:48 pm - Reply

      Ja – bei mir ist das auch so, dass manches, was in einem Jahr üppigst da ist, im anderen nur spärlich kommt. Dafür ist dann wieder anderes stärker vertreten, manches verschwindete ganz, neue Pflanzen tauchen auf… Derzeit habe ich auf dem Balkon einen Weißen Gänsefuß, den ich ganz bestimmt nicht angesiedelt habe, aber freudig beernte. Er ist inzwischen schon höher als die Felsenbirne, die eigentlich in dem Container wächst.
      Das zuzulassen und zu beobachten, finde ich immer wieder spannend. Aber es ist auch herausfordernd, die Balance zwischen Nichtstun und notwendigem Eingreifen zu finden. Gerade will sich das vierkantige Weidenröschen, das ich wunderhübsch finde, in allen meinen Gemüsekästen ausbreiten, die eh schon beengt sind… Es soll ja auch essbar sein…

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