So, die letzten Wochen bin ich damit beschäftigt, Saatgut für das nächste Jahr zu gewinnen und zu sortieren.

Wieso mach ich das,
wo es doch im Discounter Samenpäckchen schon ab 19 Cent gibt?

  1. Ich spare damit Geld. Ja – auch wenn es sehr billig Saatgut zu kaufen gibt – bei inzwischen bald 300 Pflanzenarten, die ich auf den Balkonen und im Garten habe, summiert sich das.
  2. Im Discounter gibt es Allerweltsarten. Wenn ich aber nicht „irgendwas“, sondern „genau das“ haben will, z.B. eine ganz bestimmte Tomatensorte oder eine Bohne, von der ich weiß, dass sie in meiner Region seit Jahrzehnten erfolgreich im Hausgarten wächst – dann wird es teurer. Da kostet dann ein Saatgutpäckchen schon mal 3€ und mehr – und enthält meistens viel mehr Samen, als ich brauche.
  3. Ich weiß, wo mein Saatgut herkommt – und damit, dass es weder beim Heranwachsen, noch später beim Verpacken irgendwie behandelt wurde. Es stammt aus den Früchten und Blüten der schönsten Exemplare einer Pflanzenart, von einem Standort der nicht schadstoffbelastet ist.

Wie mach ich das?

Über die Gewinnung von eigenem Saatgut kann man Bücher schreiben (bzw. kaufen und lesen). Manches Saatgut ist schwierig – es bildet sich erst im zweiten Jahr (z.B. bei Möhren), man muss den Platz also über lange Zeit einplanen. Oder es verkreuzt sich leicht mit der Verwandtschaft. Traurige Berühmtheit haben da die Kürbisgewächse erlangt, die sich mit Zierkürbissen verkreuzen und dann giftige Früchte hervorbringen. Man müsste also die Blüten isolieren und von Hand bestäuben. Es gibt aber auch Gemüse, bei dem einfach Saatgut zu gewinnen ist, weil sie sich schwer verkreuzen und weil die Samen sehr einfach zu ernten sind. Auf die konzentriere ich mich – den Rest kaufe ich.

  • Oben im Bild siehst du eine kleine, glockenförmige Paprika. Die Sorte kenne ich nicht, sie schmeckt aber mild und fruchtig. Sie hatte übrigens im reifen Zustand nur einen Durchmesser von 3cm – und so viele Samen hatte sie! Du siehst also, dass man zur Vermehrung nicht viel braucht und du bei der Ernte einer einzigen Frucht noch Saatgut zum Verschenken haben wirst.
  • Bei Paprika und Chili schabe ich einfach nur die Kerne einer reifen Frucht aus, gebe sie auf ein Teller und lasse sie ein paar Tage trocknen (s.u.)
  • Tomatensamen spüle ich ab und lasse sie auf einem Teller trocknen.  (Es gibt Anleitungen, wie man die mit einem Gärungsprozess vorbereiten soll – aber ganz ehrlich: habe ich nie gemacht und Tomatensamen sind so potent, dass ich sowohl im Garten, als auch auf dem Balkon immer von selbst gekeimte Pflanzen zusätzlich habe.)
  • Erbsen und Bohnen lasse ich an der Pflanze völlig ausreifen und ernte die Schoten erst, wenn sie braun und trocken sind und schon klappern. Dann heißt es allerdings schnell sein, weil sonst die Schote aufgeht und die Samen wie Kugeln auf einer Rutsche rausrutschen und sich selbst aussäen.
  • Supereinfach sind auch Kapuzinerkresse, Malvenarten, Fuchsschwanzgewächse (z.B. Amaranth, den ich selber als Blattgemüse nutze, nicht für die Körnchen)…

Das Trocknen

Saatgut wird unbedingt  trocken (logo, oder), kühl (?) und eher dunkel (??) getrocknet.

Falls du dieselben Fragezeichen wie ich im Kopf hast, als ich angefangen habe, Saatgut zu ernten: ja genau – kühl und eher dunkel. Wärme und Licht verringert nämlich die Keimfähigkeit der Samen. Also nicht wie ich früher über der Heizung, ab Südfenster aufhängen und dann wundern, warum so wenig draus wird. Besser irgendwo auf einem Schrank in der Ecke, wo es nicht im Weg ist.

Hab ich schon erwähnt, dass du unbedingt das Saatgut beschriften musst? Du glaubst, du kannst dir das merken? Tja… Versuch macht klug. Ich sags ja nur…

Das Aufbewahren

Genau wie das Trocknen: trocken, kühl, dunkel. Ich hab mir so kleine Papiertütchen bestellt, die ich beschrifte und alphabetisch in meine „Samenkartei“ in Kartons einsortiere. Die stehen im dunklen, kühlen Flur. Wenn du viele Samen sammelst, ist es clever, schon auf den Tütchen gleich Aussaatzeit, Saattiefe und Grundbedürfnisse wie Licht, Wasser, Nährstoffbedarf zu notieren.

Achtung Hybride

Das Thema ist einen eigenen Post wert… An dieser Stelle nur so viel: Hybride lassen sich nicht sinnvoll vermehren. Ihre guten Eigenschaften haben sie nur eine Generation lang – ihre Kinder, also das, was aus dem gesammelten Saatgut wird, können alle möglichen Eigenschaften aufweisen. Zum Beispiel habe ich mal eine geschenkte Chili vermehrt. Die Mutterfrucht war lang, rostrot und leicht scharf. Heraus kamen: glockenförmige Minipaprikas, die gar nicht scharf waren und fruchtig schmeckten, aufrecht wachsende Chilies, die irgendwie „eckig“ aussahen und höllescharf waren,…  Die Keimrate war deutlich geringer, als bei Nicht-Hybriden. Hybride erkennst du am Zusatz F1 auf den Saatgutpäckchen, oder – wenn du eine Pflanze gekauft hast, ebenfalls an F1 oder dem Vermerk Hybrid.

Die kleine Paprika habe ich geschenkt bekommen und für sehr lecker befunden. Die Sorte ist unbekannt – ich werde also im nächsten Jahr erst sehen, ob sie ein Hybrid ist oder samenecht/samenfest. Das sind die Fachbegriffe für selbst vermehrbares Saatgut.

Es ist übrigens ein weitverbreiteter Irrtum, dass man einfach nur Bio-Saatgut kaufen muss, um Hybride zu umgehen. Hybride sind auch für den Bio-Anbau zugelassen und werden sogar oft bevorzugt genutzt, weil ihnen Resistenzen angezüchtet wurden. So kann auch mit dem im Bio-Landbau beschränkten Einsatz von Pflanzen“schutz“mitteln ein konkurrenzfähiger Ertrag und Preis erzielt werden. Merke: bio ist vielleicht besser als konventionell. Bio muss aber noch nicht uneingeschränkt gut heißen. (Auch einen extra Post wert. Sorry liebe Biobauern, ich weiss um eure Nöte und dass ich das in der Kürze hier stark vereinfacht dargestellt habe. Ich komme darauf zurück – versprochen!)

Welche Erfahrungen hast du schon mit Saatgutgewinnung gemacht?

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