Tomaten! Sie sind in Deutschland das beliebteste Gemüse. Es gibt hunderte von Tomatensorten. Im Supermarkt? Kann man die an einer Hand abzählen. Und es wird dort auch nicht nach Sorten unterschieden, sondern nach Form. Fleischtomate, Tomate, Romatomate, Datteltomate, Kirschtomate – das war es so ungefähr. Über die Kocheigenschaften und den Geschmack sagt sowas gar nichts aus. Und Bio-Läden unterscheiden sich diesbezüglich gar nicht von Supermärkten und Discountern.

Mit etwas Glück findet man auf Märkten eine größere Auswahl – aber auch da wundere ich, wieso es bei der Unmenge an Formen und Farben, die es bei Tomaten gibt, nur so eine kleine Auswahl gibt. Vielleicht findet man noch eine grün-gestromte oder eine gelbe – das ist dann aber schon ein seltenes Highlight.

Ganz ehrlich – Tomaten kommen mir beim Einkaufen schon lange nicht mehr in die Tüte! Denn inzwischen gibt es zumindest sehr vielfältiges Saatgut zu kaufen. Und da findet jede*r was. Im Garten habe ich z.B. seit Jahren immer wieder die Dorenia. Die Früchte sind oval, durchschnittlich groß, süß – und vor allem: platzfest. Sprich, die Sorte lässt sich im Freiland ohne Dach gut anbauen, ohne dass die Früchte bei Regen und nachfolgendem Sonnenschein gleich aufgehen. Die Pflanze bleibt auch eher schlank, so dass sie sich auch für große Töpfe auf Balkon und Terrasse eignet. Das ist aber nur eine von vielen möglichen Sorten für draußen – in Saatgutkatalogen steht dann „freilandtauglich“.

Sehr gut eignen sich für Balkon und Terrasse auch Wildtomaten. Die Früchte sind zwar nur etwa murmelgroß, dafür produzieren diese Pflanzen aber auch unglaubliche Mengen. Und sie sind von allen Sorten, die ich je angebaut habe, mit Abstand am widerstandsfähigsten gegen Braunfäule. Wild eben. Man muss sich bei den Wildtomaten um nicht viel kümmern – Ausgeizen (eh so eine Ansichtssache) entfällt, man lässt sie einfach buschig wachsen. Aber Achtung: im Garten hatte ich mal eine, die hat zum Schluss mehrere m² eingenommen. Unter Umständen muss man also einkürzen. Oder man bindet sie hoch (ranken tut sie nicht von alleine) oder lässt sie hängend wachsen. Im Garten habe ich sei einfach auf dem Boden liegend – das klappt seit 12 Jahren immer wieder. Und eigentlich brauch ich auch nicht mehr vorziehen, denn die säen sich zuverlässig selber aus und ich hab überall Tomatenkeimlinge. Nachteil: lagerfähig sind die Kleinen, wenn man sie mal gepflückt hat, nur kurz. Häufig geht nämlich der Stiel ab und an der Stelle ist die Frucht dann offen. Also vor allem zum Sofortverzehr – dann aber unschlagbar tomatig. Wobei es auch hier sehr unterschiedliche Sorten gibt. Die „Gelbe Johannisbeere“ finde ich z.B. eher säuerlich-fruchtig, die Rote Murmel dagegen richtig süß. Ich hab immer beide im Anbau, weil das auch in der Salatbowl voll schön ausschaut.

Speziell für den Anbau in Töpfen, also prima für Balkone, Terrassen und Fensterbänke, gibt es kleinbleibende Sorten, die nur ca. 1m hoch wachsen, inzwischen aber auch Zwergsorten, die nur kniehoch werden und auch Hänge- oder Ampeltomaten. Sogar meine geliebte San Marzano, eine „Flaschentomate“, gibt es inzwischen mit kleinen Früchten – die probiere ich dieses Jahr aus, wenn ich Bio-Saatgut finde.

Wenn man sich Jungpflanzen kaufen will, ist die Auswahl leider ähnlich trist, wie beim Gemüsekauf. Deshalb ziehe ich alle selbst vor – was bei Tomaten wirklich ziemlich gelingsicher ist. Und auch wenn immer wieder jemand erzählt, dass die Tomatensetzlinge im Mitte März schon 10cm hoch sind – ist mir das wurscht und ich säe erst Mitte/Ende März aus. (Die wilden Mitte des Monats, weil sie etwas länger brauchen.)

Das frühe Vorziehen soll den Pflanzen angeblich einen Vorsprung verschaffen, wenn sie Mitte Mai nach draußen dürfen. Heißt aber auch, dass ich von Januar bis Mai, also fast ein halbes Jahr, die Wohnung vollstehen habe mit Anzuchttöpfen. Und dafür sorgen muss, dass die Pflanzen ausreichend Licht bekommen und ausreichen Wärme, aber nicht zu viel. Und ich muss ständig bewässern. Die Kombi von Wärme und Feuchtigkeit ist ein Magnet für Trauerfliegen. Das lässt sich zwar durch Wässern von unten eingrenzen, aber nie ganz vermeiden. Das Wasser von unten, das nach ein paar Minuten noch nicht aufgenommen werden konnte, muss weggekippt werden, weil sonst die Wurzeln faulen – und erst recht eine Brutstätte für Trauermücken entsteht. In der Wohnung immer ein Act, weil schmutzige Wassertropfen nicht zu vermeiden sind. Dazu kommt, dass ohne ausreichend Licht die Jungpflanzen sehr schnell in die Höhe wachsen und umfallen – als lange, dünne, helle Stängel bilden. Das Fachwort ist „vergeilen“. Bei Tomaten (und Chilies und Paprika) kann man die dann zwar tiefer setzen, weil die dann am Stängel seitlich nochmal Wurzeln bilden – aber gesunde kräftige Pflanzen werden das trotzdem nicht.‘

Bei Andrea Heistinger (ich bin Fan) habe ich gelesen, dass man erst so ca. 6 Wochen vor dem Auspflanzen die Setzlingsanzucht starten soll, damit die Pflanzen zwar klein, aber kräftig nach draußen können. Das gefiel mir schon deutlich besser – 6 Wochen statt 5 Monaten die Wohnung mit Setzlingen vollstellen. OK – mit Paprika, Chili, Physalis, Artischocke… geht das nicht, die brauchen echt länger (aber auch da starte ich nicht vor Februar). Aber Tomaten hab ich getestet und befunden, dass Mitte März ideal für Wildtomaten und Ende März ideal für „normale“ Tomaten ist, um die Setzlinge anzusäen. Die Pflanzen sind dann zwar noch klein, wenn sie Mitte Mai ins Freie dürfen – holen das aber schnell nach und sind einfach robuster, als die, welche ich über Monate päppeln muss.

Ich verwende eine Anzuchtbox mit Bewässerungskasten und -matte, so dass die Jungpflanzen angeregt werden, kräftige Wurzeln nach unten zu bilden. Außerdem muss ich so nicht ständig gießen, sondern nur 1x die Woche den Kasten auffüllen. Anfangs ist noch ein Klarsichtdeckel drauf, was während der Keimung günstig ist. Danach nehme ich den weg. Gekauft habe ich diese bei Beckmann (unbezahlte Werbung). Gesät wird in torffreie Anzuchterde, die ich kaufe (und darauf achte, dass die Erde im Laden trocken gelagert wurde, sonst kaufe ich mir nämlich die Trauermückenlarven gleich mit). Selbstgemischte Anzuchterde oder Kompost hat den Nachteil, dass sehr viel Fremdsaat mitkommt, weshalb ich jedes Frühjahr Anzuchterde kaufe. Da sie nicht weggeworfen wird, sondern mit der Pflanze an den endgültigen Standort wandert oder im „Worst Case“ auf den Kompost und dort sogar als Kompostbeschleuniger wirkt, finde ich die Investition gerechtfertigt. (Es sind jährlich ca. 30€, die ich da ausgebe, also aufs Jahr verteilt 2,50€/Monat. Das ist mir die Zeit wert, die ich einspare beim Kompostsieben, herkarren und dann später die unerwünschten Beipflanzen rauszujäten.)

Gedüngt wird bei mir übrigens auch nicht – erst, wenn die Pflanzen rausdürfen, bekommen sie Kompost, Urgesteinsmehl und Pflanzerde. Bei der kurzen Zeit, die ich für die Anzucht einplane, kommen die Jungpflanzen noch gut mit dem Carepaket aus, das sie im Samenkorn selbst mitgebracht haben. Was ich tue – ich gieße sie z.B. mit dem Spülwasser unserer Keimsprossen, mische Tee- und Kaffeereste – und seit neuestem Sauerteigreste, das hab ich grade gelernt, dass das ein super Dünger ist – ins Gießwasser. That’s it! – Und genau jetzt ist die ideale Zeit, um die Tomatenvoranzucht zu starten!

Was sind deine Lieblingstomatensorten, die du anbaust?

 

 

2 Comments

  1. Anita März 17, 2024 at 3:00 pm - Reply

    Ich habe mal eine Frage, du hast erzählt dass bei dir draußen Tomaten wachsen die du nie gesät bzw bepflanzt hast. Wenn bei dir die Tomaten von selber draußen wachsen, kann ich sie dann nicht direkt draußen aussäen?

    • admin März 17, 2024 at 5:16 pm - Reply

      Liebe Anita,
      witzig, dass du heute danach fragst, denn gerade gestern habe ich Tomaten gesät und über die Frage auch wieder nachgedacht.
      Es ist tatsächlich so, dass jedes Jahr auf dem Balkon und im Garten Tomaten von selbst keimen. Mit der Wärmeglocke der Stadt lässt sich das an unserem Nord-Ost-Hanggarten nicht erklären. Es sind auch nicht ein paar wenige, sondern jedes Jahr unzählige – dreistellig! Die Samen überwintern also draußen und keimen, wenn die Bedingungen passen. (Dasselbe Phänomen habe ich übrigens mit vergessenen Kartoffeln und Kapuzinerkresse, die ja auch nicht frosthart sind.) Um bei den Tomaten zu bleiben – da fällt mir auf, dass es ganz überwiegend die Wildtomaten sind, gefolgt von „Cocktail-Tomaten“, also alles was kleine Früchte bildet. Am Balkon hatte ich z.B. die Rote Murmel und eine Datteltomate. Eine Dorenia hatte ich mal, die macht ovale, nicht sehr große Früchte und ist seit Jahren meine liebste Freilandtomate. Diven wie die San Marzano oder Fleischtomaten kamen noch nie von alleine.
      Was heißt das also?
      Ich denke, es wäre mal einen Versuch wert, im Herbst, wenn man die letzten Tomaten abräumt, gleich eine Kaltaussaat zu versuchen. Am besten so, wie es die Natur auch macht – eine ganze Frucht, die schön reif ist und gut ausschaut an gewünschter Stelle platzieren, markieren und abwarten. Ich erinnere mich dunkel, dass ich vor Jahren mal was darüber gelesen habe. Also nicht „Wintergemüseanbau“ sondern tatsächlich Kaltaussaat von Gemüsen, so wie man es mit vielen Wildpflanzen macht, die ja sogar den Kältereiz brauchen, um zu „wissen“, wann sie keimen können. Im Englischen heißt das Winter Sowing. Im Deutschen bekomme ich damit nur Treffer zum Anbau von Wintergemüsen.
      Verlassen würde ich mich auf einen Erfolg aber nicht. Die Tomaten, die da so von alleine kommen, keimen nämlich bis in den Spätsommer hinein, so dass keine Chance auf Fruchtertrag besteht. Gleichzeitig habe ich schon oft welche stehen lassen, wo der Platz nicht anderweitig verplant war und die auch rechtzeitig heranwuchsen – und das sind sehr kräftige Pflanzen geworden.
      Wäre doch mal ein schönes Experiment! Ich glaube – ich nehme morgen mal eine von den superleckeren Bio-Datteltomaten mit in den Garten und versenke die im Beet. Versuch macht klug.
      Berichtest du, wenn du es auch versuchst, wie es ausgeht?

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