Wenn du dich mit Permakultur beschäftigst und dir überlegst, dazu auch mal Kurse zu belegen, stößt du früher oder später auf die Begriffe 72-Stunden-PDK bzw. 72h-PDC. Das steht für 72-Stunden-Permakultur-Design-Kurs bzw. 72-hours-Permaculture-Design-Course. Was verbirgt sich dahinter?
Der 72-Stunden-Kurs ist die Grundausbildung in Permakultur. Und: diese Grundausbildung ist überall gleich. Und mit überall ist gemeint: ÜBERALL. Ob du deinen 72h-PDC in Deutschland machst oder in Laos, in Kenia oder Costa Rica, in Australien oder den USA – egal wo auf der Welt – es gilt immer genau derselbe Lehrplan. Damit ist gewährleistet, dass Permakultur in den Grundlagen überall gleich verstanden wird – so können sich auch Permies von überall her auf der Welt gut verständigen.
Zum Standard-Curriculum gehören grob:
- Was ist Permakultur
- Ethik der Permakultur
- Design-Prinzipien der Permakultur
- Analyse- und Designmethoden (v.a. Basiskarte zeichnen, Sektorenanalyse, Zonierung,…)
- Relevante Themen wie: Licht/Schatten, Wind, Wasser, Topografie, Boden, Bewuchs, Energie, Bebauung, soziale Permakultur,…
- Praxisanteile, in denen selbst Daten erhoben und ausgewertet werden, Designübungen, oft auch Besuche von Permakultur-Orten
Je nach Veranstalter wird es unterschiedliche Schwerpunkte geben. Frances Osborn, die ich bei der Permakultur-Lehrer-Ausbildung in Katalonien kennengelernt habe, gibt z.B. im Herbst einen 72-h-PDC in Südspanien (wo sie lebt), wo es um den Umgang mit aridem (trockenem) Klima geht. Und das ist ja inzwischen auch durchaus in einigen Gegenden Deutschlands ein Thema. Denkt bloß mal an die Sandstürme in Brandenburg vor ein paar Jahren.
Da ich in der Großstadt wohne, habe ich mir einen PDK mit dem Thema „Urbane Permakultur“ in Deutschland ausgesucht, dann aber nochmal einen zweiten, online in den USA, gemacht.
Das bringt mich zu den folgenden Fragen:
- Wozu braucht man so einen Kurs?
- Wie finde ich einen richtig guten Kurs?
Beides lässt sich natürlich nur subjektiv beantworten. Da das mein Blog ist, bekommst du dazu auch meine subjektive Sicht.
Wozu? Ich gehöre zu den Menschen, die immer alles ganz genau wissen müssen. Andere gehen 1x wöchentlich zum Yoga, weil sie es toll finden. Ich finde Yoga auch toll – und werde gleich mal Yogalehrerin. Andere wandern gerne. Ich auch. Also mach ich eine Wanderführerausbildung. Und noch eine, und noch eine,… Und so ist das auch mit Permakultur gewesen. Erstmal hab ich alle greifbaren Bücher aus der Stadtbibliothek ausgeliehen und die meisten auch gelesen – und dabei festgestellt: jo, so mancher schreibt vom anderen ab. So mancher schreibt dies und der andere genau das Gegenteil. So mancher beweihräuchert sich gerne selbst – und andere schreiben ein kritisches Buch über genau diesen Selbst-Beweihräucherer. Es gilt: wer es genau wissen will, muss an die Wurzeln des Wissens gehen – und sich die Werkzeuge aneignen (in dem Fall das Grundwissen), mit denen er/sie dann selbst beurteilen kann, wie glaubwürdig, praxistauglich, relevant… etwas ist.
Der richtige Kurs… Für mich war klar, dass ich einen Kurs vor Ort machen möchte, nicht im Internet. Meine Hoffnung war, ganz viel Erfahrungsaustausch und ein Netzwerk. Beide Hoffnungen wurden enttäuscht. Im Kurs saßen Menschen, die sich noch nicht wirklich mit PK beschäftigt hatten – und andere, die gefühlt ihr ganzes Leben der PK verschrieben hatten und schon ganz viel Praxiserfahrung hatten. Dazu kam, dass der Kurs zwar extrem genau geplant und strikt organisiert war und auch die Planung sehr gut eingehalten wurde – leider waren aber die Referent*innen zum allergrößten Teil noch sehr jung – und hatten damit nicht wirklich Praxiserfahrung. Es ist eine Sache, ein Projekt zu initiieren, es dann zu übergeben und wenn es nicht weiterläuft, zu behaupten, die Nachfolger hätten es nicht im Griff. Es ist eine andere, ein Projekt über die Zeit zu begleiten, Misserfolge einzustecken, nachzujustieren, Erfolge zu sehen, Prozesse so zu etablieren, dass auch andere sie verstehen, übernehmen und fortführen können… Und das – da kann man sich als junger Mensch noch so drüber ärgern – geht halt nur mit Erfahrung. Damit ist nicht gesagt, dass ihr nur bei weisen (Achtung, Schreibweise) alten Männern und Frauen lernen sollt. Aber etwas mehr als „Buch gelesen, 1x nachgemacht, jetzt erzähl ich es weiter“ sollte es schon sein.
Und was die Praxisübungen angeht – m.E. ist es wichtig, dass jede*r alles mal geübt hat, nicht nur in Kleingruppen. Und dass dann auch ein echtes Design erarbeitet wird zum Schluss, für ein real existierendes Thema – nicht nur „Trockenübungen“ wie früher in der Schule. Ganz ehrlich, dass ich den gottserbärmlich stinkenden Kompost eines Gemeinschaftsgartens umsetzen „durfte“, den die Gartengemeinschaft total falsch aufgesetzt hatte – das war für mich nicht lehrreich, sondern Nepp.
Da ich zuvor schon einen kostenlosen Einführungskurs online an der Oregon State University gemacht hatte und der mir um Längen mehr vermittelt hat, als der Kurs vor Ort, habe ich dann noch online einen PDC gemacht und zwar, aufgrund der super Erfahrung, das PDC der OSU. Der Leiter der Ausbildung, Andrew Millison, hat Erfahrung mit Permakultur in ganz verschiedenen Klimazonen, z.B. im trockenen Arizona und im sehr nassen Oregon. (Derzeit beschäftigt er sich vor allem mit Wassermanagement in großen Projekten in Asien.) Und die Lehrenden dieses Kurses hatten ebenfalls sehr viel Praxiserfahrung – sowohl was Permakultur, als auch was Unterrichten angeht – und das hat sich bezahlt gemacht! Am Ende der Ausbildung hatte ich weit, weit mehr Zeit investiert, als nur 72h – dafür aber auch unglaublich viel gelernt und zwar so, dass ich es bis heute parat habe. Und: am Ende hatte ich ein umsetzbares Design für unsere beiden Balkone in der Hand. Da inzwischen in die Realität umgesetzt ist. Und mit dem ich 2023 den 1. Preis bei Deutschland summt in der Kategorie Balkone, Terrassen,… gewonnen habe. Das ich um ein Waldgarten-Design nach meiner Ausbildung bei Waldgarten.global erweitert und zu einem Hortus ausgebaut habe. Auch das ist für mich ein Qualitätskriterium – dass etwas nicht in der Schublade landet, sondern lebt und erweiterbar und vernetzbar ist.
Also – du gibst viel Geld für so einen Kurs aus – nimm dir also das Recht, die Kursleitung zu befragen, wer da alles kommt, wie da geübt wird, wie die Abschlussleistung aussieht. Frag nach Beispielen zur Einsicht. Und wenn da nur Allgemeinplätzchen kommen und auf das „weltweit gleiche“ Curriculum verwiesen wird: such weiter. Das Curriculum ist gleich, ja – die didaktischen Fähigkeiten, das Erfahrungswissen der Referent*innen und die Gestaltung der Übungspraxis eben nicht.
Noch ein Wort zu online versus vor Ort: stell dir die Frage, ob du in Gruppen besser lernst oder lieber für dich alleine. Ich habe gemerkt, dass ich es meistens so genau wissen will, dass eine Gruppe mich eher behindert. Vor-Ort-Kurse für konkrete Praxisthemen sind unschlagbar. Nie hätte ich online lernen können, wie man eine Trockensteinmauer aufbaut. Aber für Grundlagen will ich mein Tempo, meine Zeiteinteilung, meine Schwerpunkte bestimmen können – und mich in Themen verbeißen, so lange ich will. Das ist aber total typabhängig. Mach das, was sich für dich richtig anfühlt!
Welche Permakultur-Kurse würdest du empfehlen?