Ist da noch was drin? – Wie gesund ist unser Gemüse wirklich (noch)?

Wusstest du, dass unsere heutigen Gemüse alle von Wildpflanzen abstammen? Aus wildwachsendem Ur-Kohl wurden z.B. durch gezielte Auslese über lange Zeit unsere heutigen, vielfältigen Kohlarten. Bei Brokkoli und Blumenkohl wurde auf die Blütenbildung geachtet, bei Grünkohl auf die Blattbildung, beim Kohlrabi auf einen verdickten Stiel usw.

Wusstest du auch, dass diese Kulturgemüse über die Jahrzehnte so hingezüchtet wurden, dass sie besonders „schön“ aussehen? Und damit auch besonders einheitlich, weil „weniger schön“ weniger gekauft werden würde? Und dass mit dieser Einheitlichkeit auch die Verpackung standardisierbar wurde – der wahre Grund, warum keine krummen Gurken im Supermarkt liegen! Lang, gerade – das passt in standardisierte, stapelbare Kisten. Also die Ausrichtung der Gemüseform an logistische Anforderungen. Gleich groß sollen die Früchte und Gemüse auch sein, dann kann man gleich Stückpreise auszeichnen und spart sich das Abwiegen. Und wo maschinell ein Feld auf einmal abgeerntet wird, funktioniert das natürlich nur mit engem Erntezeitfenster, d.h. alle Früchte reifen zur gleichen Zeit aus. Und natürlich: der Ernteertrag soll pro Pflanze möglichst hoch sein. Aus wirtschaftlicher Sicht klingt das sinnvoll, oder?

Aber: wusstest du, dass diese Anpassung an wirtschaftliche Anforderungen zur Konsequenz hat, dass die heutigen Gemüsesorten weniger Widerstandskraft und weniger gesunde Inhaltsstoffe haben?

Beispiel: Endiviensalat enthielt früher viel mehr Bitterstoffe (und mit früher meine ich nicht vor 2000 Jahren, sondern noch vor 50 Jahren). Bitterstoffe sind eine Strategie der Pflanzen, sich gegen Fressfeinde zu schützen. Und: Bitterstoffe in unserer Ernährung kurbeln den Stoffwechsel an, helfen also z.B. bei der Verdauung. Weil aber „bitter“ nicht (mehr) gerne gegessen wird bei uns, hat man Endiviensalate so selektiert, dass sie immer weniger Bitterstoffe enthalten. Damit sind sie aber gesund für uns. Und laufen natürlich eher Gefahr, von Tieren angeknabbert zu werden. Damit braucht es aufwändigeren Schutz- und Pflegeaufwand, es kommen immer mehr Fungizide und Pestizide zum Einsatz. Und das, um die Pflanzen vor Schäden zu schützen, gegen die sie sich zuvor selbst prima wehren konnten!

Diese Abnahme lässt sich ähnlich für alle primären und sekundären Inhaltsstoffe belegen. An der Universität von Austin, Texas, USA wurde von 1950 bis 1999, also über ein halbes Jahrhundert (!) lang, eine Langzeitstudie durchgeführt, in der die Veränderung des Nährstoffgehalts über die Zeit anhand von 43 Kulturgemüsen verglichen wurden. Fazit war, dass die Optimierung des Ernteertrags pro Pflanze auf Kosten der Inhaltsstoffe ging.

Inzwischen weiß man, dass die Degeneration des Bodens auf unseren landwirtschaftlichen Flächen eng verknüpft mit der (Zer-)Störung des Bodenlebens ist. In einer Handvoll gesundem Boden leben mehr Wesen als Menschen auf dem Planeten! Diese Bodenlebewesen sind aber integraler Bestandteil des Stickstoffkreislaufs in der Natur! (Ich merke grade, ich muss mal was über den Stickstoffkreislauf schreiben. Nur mal so viel – Stickstoff (N) ist einer DER Inhaltsstoffe von Kunstdünger. Stickstoff ist in der Natur eigentlich immer ausreichend verfügbar. Und mit ausreichend ist „nicht zu viel und nicht zu wenig“ gemeint. Das funktioniert aber nur, wenn man das Bodenleben nicht stört.)

Intensive Flächenbewirtschaftung und Monokulturen laugen die Böden immer mehr aus. Die Pflanzen verbrauchen zu viele der im Boden enthaltenen Nährstoffe auf einmal – das Bodenleben hungert. Dazu kommt, dass mechanische Bearbeitung das Bodenleben immer wieder zerstört, z.B. beim Pflügen und die schweren Landmaschinen den Boden zunehmend verdichten und damit lebensfeindlicher macht.

Die Flächen bringen entweder immer weniger Ertrag oder tun das nur noch mit künstlicher Düngung. Und die bringt das Bodenleben weiter ins Ungleichgewicht.

Das führt dazu, dass Böden paradoxerweise immer ärmer und gleichzeitig immer überdüngter werden. Dieser scheinbare Widerspruch bedeutet, dass einige Stoffe immer weiter verbraucht werden und zur Neige gehen, während andere in viel zu hoher Konzentration vorhanden sind, also zwei negative Ereignisse gleichzeitig!

Kultur-Nahrungspflanzen wachsen also unter Mangelbedingungen. Wie sollen sie uns Inhaltsstoffe liefern, die ihnen selbst nicht zur Verfügung stehen? Wie soll gleichzeitig ein Zuviel an unerwünschten Stoffen nicht im Essen stecken, wenn natürliche Abbauprozesse völlig überlastet oder gänzlich unterbrochen werden? Das ist schon kein Teufelskreis mehr, sondern schlimmer: eine nach unten offene Abwärtsspirale.

Nach all dieser Negativität – was kannst du tun? Permakultur ist meine Lösung. Aber: zu kaufen gibt es permakulturell angebaute Lebensmittel in Deutschland praktisch nicht. Also: selbst anbauen, was möglich ist. Und beim Einkauf auf ein Optimum zielen: Was kann ich mir mit meinen mir verfügbaren Mitteln (Geld , Zeit zum Einkaufen und Zubereiten, Transport,…) leisten und wie gestalte ich damit meinen Einkauf am umweltfreundlichsten? Kassenzettel sind Stimmzettel!

Wichtig – gute Vorsätze müssen machbar, sprich alltagstauglich sein! Was sind deine Tipps, wie du deinen Einkauf und dein Essen möglichst umweltfreundlich gestaltest?

 

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