Letzte Woche habe ich über Sprossen geschrieben. Die gibt es ja schon seit Jahrzehnten zu kaufen – und Kresse haben schon unsere Großeltern im Keimblattstadium als Kressesalat gegessen, bevor der Begriff Sprossen aufkam. In den letzten Jahren kamen Microgreens dazu. Was ist das denn? Alter Wein in neuen Schläuchen?

Nicht ganz! Während man von Sprossen spricht, wenn die Pflanze im Keimblattstadium geerntet wird, spricht man von Microgreens, wenn man die Pflanzen größer werden lässt. Bekanntestes Beispiel dafür sind Erbsen-Microgreens. Ja tatsächlich – das Grünzeug von Erbsen ist im Jungstadium essbar – und schmeckt unglaublich „erbsig“. Aber auch andere Pflanzen, z.B. Sonnenblumen, Buchweizen, Weizen  (übrigens einkeimblättrig), Mangold (der sich nur hierfür, nicht für Sprossen eignet) uva.

Man erntet die Pflanzen auch noch sehr jung, lässt sie aber schon so 10-15cm hoch wachsen. Manche entwickeln da schon die ersten richtigen Blätter. Den richtigen Erntezeitpunkt probiert man einfach aus – so lange sie noch schön zart sind, ist es ideal.

Im Unterschied zur Sprossenanzucht brauchen Microgreens Erde. Theoretisch also im Topf aussäen und abwarten. Aber: Microgreens werden viel dichter gesät, als man das tun würde, wenn man die Pflanze normal anbauen würde. Bei Erbsen rechnet man z.B. min. 3cm Abstand für den Anbau im Garten. Als Microgreens kann man die Erbsen aber so dicht legen, dass sie sich berühren! Das führt dann dazu, dass die Erdschicht komplett durchwurzelt ist, quasi eine kompakte Wurzelmatte entsteht. Und in die kann man nicht wirklich neu aussäen. Gleichzeitig werden die Pflanzen so früh geerntet, dass die Wurzeln gar nicht weit in die Erde vordringen. Es macht also keinen Sinn, Microgreens in normalen Pflanzgefäßen mit viel Erdvolumen anzubauen. Dazu kommt, dass die Microgreens, auch dann, wenn es sich nicht um Lichtkeimer handelt, bei der Aussaat nicht mit Erde bedeckt werden müssen.

Wie ich vorgehe:

Ich verwende für Microgreens nur ca. 2cm Erde. Die braucht auch nicht nährstoffreich sein, weil – wie schon beim Thema Sprossen letzte Woche erwähnt – das Samenkorn erstmal alles mitbringt, was die Pflanze für die ersten Tage braucht. Man kann hier also „verbrauchte“ Erde nochmal nutzen. Ich selbst arbeite mit einem Kokosquellblock. Die Erde setze ich einmal an und verbrauche sie dann nach und nach für jede neue Aussaat. Aufbewahrt wird sie bei mir in einem Eimer mit lose aufgelegtem Deckel auf dem Balkon. Ein kühler Hausflur, Keller oder Dachboden tut es aber auch.

Ich habe mir aus Take away-Verpackungen Anbaugefäße gebastelt. Dazu habe ich eine Schale dicht perforiert (mit so einem Piekser für Kondensmilchdosen) und diese in eine zweite, gleich große gestellt. Die Erde kommt in die mit dem perforierten Boden. Es wird einmal gut angegossen und die Samen dicht an dicht darauf ausgebreitet und festgedrückt. Dann kommt der Deckel lose drauf. Er sorgt dafür, dass die Saat nie austrocknet. Jetzt stelle ich sie an einen dunklen, warmen Ort. Dunkel, weil das für die Samen simuliert, dass sie IN der Erde sind. Hast du nur helle warme Orte in deiner Wohnung, kannst du mit einem Stück Pappe oder Stoff für Verdunkelung sorgen. Erst wenn die Keime da sind, brauchen die Jungpflanzen Licht!

Im Jungstadium reicht übrigens einfaches, weißes Licht. Ich habe die Microgreens z.B. gerne auf meinem Schreibtisch stehen, wo ich im Winter sowieso mehrere Stunden am Tag die Lampe brauche. So haben sie genug Lich t und ich sie immer vor Augen und vergesse nicht, sie zu gießen.

Beim Gießen kommt dann die zweite Schale, quasi die Untertasse, ins Spiel. Gegossen wird jetzt nur noch von unten. Die Wurzeln saugen sich dann das Wasser durch die Öffnungen in der Saatschale nach oben. So werden die Pflanzen kräftig – und Trauerfliegen werden nicht zum Problem. Gerade, wenn du parallel auch schon Setzlinge anziehst, ist es wichtig, von Anfang an auf Fliegenbefall zu achten.  (Die Larven schleppt man sich oft mit gekaufter Anzuchterde ein.)

Man kann auchspezielle Schalen und Untersetzer für den Anbau von Microgreens bestellen. Ich habe einfach aus dem, was ich daheim hatte nachgebaut, was ich in den tollen Videos von Kevin Espiritu/Epic Gardening zum Thema Microgreens gesehen habe.

Geerntet wird, indem man die Pflänzchen mit der Schere bodennah abschneidet. Die komplett durchwurzelte Erdmatte, die übrig bleibt, enthält jetzt übrigens auch die vielen Nährstoffe, die in den jungen Pflänzchen enthalten sind. Sie landet also nicht im Müll, sondern im Kompost und wird so dem Kreislauf zugeführt, in dem neue Erde entsteht.

Berichte doch mal – baust du Microgreens an und wenn ja, was ist deine persönliche Lieblingssorte?

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