Ich liebe Knollengemüse! Leicht anzubauen, gut zu lagern und vielfältig verwendbar. Denk bloß mal dran, was man alles mit Kartoffeln machen kann. Irgendwann stieß ich mal auf einen Artikel über noch unbekannte Knollengemüse aus Lateinamerika. Angesichts des Klimawandels bin ich der Meinung, dass wir uns gar nicht früh genug kundig machen können, was alternativ noch alles bei uns angebaut werden kann. Also habe ich verschiedene Knollen bestellt. Um es vorwegzunehmen – einiges hat überhaupt nicht funktioniert (Maca und Melloco), anderes fand ich… Geschmackssache (Oca), wieder anderes lecker, aber mühsam zu ernten (Knollenziest) – und dann ist da Yacón…
Er gehört zur Familie der Korbblütler und blüht sehr spät im Jahr (ähnlich wie Topinambur, der auch ein Korbblütler ist). Er vermehrt sich nicht über Samen, sondern über Rhizome – wie Dahlien (deren Speicherwurzeln übrigens auch gegessen werden in Lateinamerika). Oberirdisch werden die Pflanzen riesig (2m und mehr), mit sehr großen (bis 30cm langen) Blättern (die wohl auch volksheilkundlich verwendet werden, hab ich aber noch nicht probiert). Unterirdisch haben sie ein Gewirr an Wurzeln, an denen sich riesige Speicherwurzeln bilden. Mit riesig meine ich – ich habe 40cm lange Wurzeln aus der Erde geholt und pro Pflanze 5kg geerntet – das war mehr, als vorausgesagt.
Diese Speicherwurzeln sind gut lagerfähig. Ich habe sie einfach mit etwas Erde im Keller stehen, so wie man auch Möhren lagert. Die Vermehrungswurzeln habe ich separat in wenig Erde im Keller – so wie man Dahlien überwintert. Ein Überwinterungsversuch mit weißem Yacón hat super geklappt. Ich habe die Wurzeln im März aus dem Keller geholt, eingetopft, gegossen und im Haus (eher kühl, aber hell) behalten. Es dauert immer eine Weile, bis die Pflanze loslegt – aber dann… Bis zu den Eisheiligen war die schon 30cm hoch. Dazu hatte ich noch 2 zusätzliche Pflanzen gekauft – im 9cm-Töpfchen. Um es vorwegzunehmen – daraus wurden dann 2m-Öschis, die einen m² Platz brauchen. Das muss man einkalkulieren!
Da Yacón so schnell wächst, so viel Blattmasse macht und wir ja große Wurzeln haben wollen, habe ich ihn an einem halbschattigen Ort im Garten, damit ich nicht so wahnsinnig viel gießen muss. Übrigens in Hochbeeten, weil ich in unserer schweren lehmigen Erde diese Wurzeln nicht ausbuddeln müssen möchte… Nächstes Jahr versuche ich ihn in Gefäßen als Sichtschutz am Balkon.
Jedenfalls – ist er dann mal gepflanzt und für ausreichend Wasser gesorgt, kann man ihn über den größten Teil der Gartensaison vergessen – er macht sein Ding, ohne zutun. Da er so viel Grün und damit Beschattung produziert, hat Beikraut wenig Chancen, ihm Konkurrenz zu machen. Im Herbst muss man dann aufpassen – er verträgt keinen Frost. Den ersten leichten Frost quittiert die Pflanze damit, dass die Blätter und Stängel lappig und fleckig werden. Das ist der Zeitpunkt, die Wurzeln aus dem Boden zu holen. Bei mir war das dieses Jahr wegen des plötzlichen und sehr frühen Wintereinbruchs dann im Schneetreiben. Nachdem ich dann 3 Hochbeete fast ausgeschippt und 15kg geerntet hatte, wusste ich, was ich getan hatte. Und dass sich der Anbau total lohnt! (Das Bild zeigt weißen Yacón morado, man erkennt gut das das Geflecht an Vermehrungswurzeln unterm Stängelansatz, an dem dann die großen, essbaren Speicherknollen hängen.) Die Knollen sind extrem zerbrechlich, gerade die ganz großen bekommt man kaum ganz aus der Erde. Das sind natürlich die, welche zuerst verbraucht werden, auch wenn sie trotz Bruchstelle noch lange lagerfähig sein sollen.
Alles schön und gut – aber was macht man mit dem Zeug?
Alles! OK, das ist zu allgemein. Ich sag mal so – in seiner Heimat ist ein Klassiker: Obstsalat mit Yacón. Echt! Tatsächlich schmeckt die Knolle, insbesondere frisch nach der Ernte, süß. Erst mit längerer Lagerung wird sie „gemüsiger“. Auch Marmelade aus Yacón ist beliebt.
Yacón ist roh und gekocht essbar. Und der Knaller – Yacon bleibt knackig, egal wie lang man ihn kocht! Einzig die schnelle Oxidation, d.h. die Verfärbung (wie bei Äpfeln etc. auch) sollte man bei Rohkost unterbinden, indem man ihn mit Zitronensaft beträufelt oder was man sonst auch mit einheimischem Obst und Gemüse macht, um ein Verfärben zu verhindern.
Was wir bisher probiert haben: stückig im Obstsalat (so lecker, dass er es heute aufs Weihnachtsmenü schafft), geraspelt und mit Mais als gemischter Salat (mit viel Knoblauch), in einem gemischten Gemüsecurry, statt Kohlrabi in einer Dill-Senf-Soße mit Salzkartoffeln…
Meine Testliste ist endlos. Unbedingt muss ich demnächst mal Yacón-Puffer probieren (wie Kartoffelpuffer). Und die Marmelade. Ich hab eh noch so viel Gelierzucker über, weil dieses Jahr die Obsternte so ziemlich ausgefallen ist.
Außerdem werde ich aus den zerbrochenen Knollen „Süssstoff“ machen. Schon mal gesehen – Yacón-Sirup? Eines dieser vielen flüssigen Süßungsmittel, die es zu kaufen gibt, weil Zucker so böse ist. (Man überlege mal, wo all die Ersatzstoffe angebaut werden, mit welchem Aufwand sie verarbeitet werden, nach Europa geschippert werden und ob das wirklich gesünder für den Planeten ist als heimischer Rübenzucker. Und ob man Übergewicht nicht mit weniger Süßkram statt anderem Süßkram bekämpfen sollte. Ich sags ja nur…) Jedenfalls – ich jage das mal durch den Entsafter und koche den Saft so lange ein, bis er andickt. (Das gleiche Prinzip wie Apfeldicksaft etc.) Die Maische werfe ich nicht weg, sondern streiche sie auf ein Dörrblatt und dörre sie bei 40°. Und danach mahle ich sie zu Pulver. Denn genau – auch Yacón-Pulver kann man als Süssungsmittel kaufen. Bloss dass mein Yacón hier in Stuttgart gewachsen ist und ich keine Phantasiepreise für das fertige Produkt zahlen muss. Auf das Ergebnis bin ich gespannt.
Falls du Yacón noch nicht kennst – er wurde erst 2014 als Lebensmittel in der EU zugelassen. Wenn man sich anschaut, wie einfach er anzubauen und wie vielseitig er zu verwenden ist und dass in auch die „Entdecker“ Amerikas schon gekannt haben müssen – ein Rätsel. Zudem ist er ja, wenn man das mit den Vermehrungswurzeln hinkriegt (und das kriegt man hin) – mehrjährig, es muss also nicht ständig neues Pflanzgut gekauft werden.
Für mich ist Yacón jedenfalls DIE Entdeckung. Welche ungewöhnlichen Pflanzen baust du an und magst sie weiterempfehlen?
[…] Also – die Methode an sich funktioniert schon immer. Für weniger wasserhaltiges Gemüse empfehle ich Sand, der eher feucht bleibt, nicht die „eh da“-Erde. Aber sonst – empfehle ich unbedingt Yacón anzubauen. Für mich ein sagenhaftes Gemüse, weil es auch superpflegeleicht ist. (Den Anbau hab ich auch in dem früheren Beitrag beschrieben.) […]