Was hab ich mich grad  wieder aufgeregt. Da bringt ein Discounter „Fermentationsgläser“ auf den Markt. So ein Gläschen kostet dann 9€ und es passen ungefähr 400ml rein. Oder noch besser, ein Online-Angebot: handgetöpferte und glasierte Gewichte für solche Gärgläser. Das Stück für 15 Euro. Durchmesser 8cm. Man braucht also auch die passenden Gefäße dazu. Gibt’s natürlich auch gleich zu kaufen. Mich machen solche „Angebote“ echt ärgerlich.

Das Haltbarmachen von Lebensmitteln – das darf keine Geldfrage sein! Wenn ich mir erst teures Zubehör kaufen muss (denn bei dem Volumen brauche ich viele Gläser, um sinnvoll mit dem Konservieren anfangen zu können) – dann ist das hippes Life-Style-Gedöns und geht an denen, die auf wirtschaften mit knappen Ressourcen angewiesen sind, total vorbei. Und an denen, die wirklich viel anbauen und also viel haltbar machen wollen, ebenso.

Ganz klar gehört zur Permakultur auch, sich damit zu beschäftigen, wie man Lebensmittel lagern und haltbarmachen kann. Produce no Waste! – Erzeuge keinen Abfall! Die Übersetzung ist aber nur unzureichend, denn Waste ist nicht nur Abfall, es ist auch unnötiger Überschuss – und wenn ich zu viel anbaue und es dann umkommen lasse, statt es für später zu konservieren – dann ist das auch: Abfall. Solchen Überschuss gibt es vor allem im Hochsommer. Die berühmte Zucchinischwemme. Viele Beeren werden gleichzeitig reif, sind aber nicht   lagerbar. Erntemengen sind auch nur bedingt planbar. Und auch ohne eigene Ernte – wenn ich weiß, wie ich Dinge haltbar machen kann, dann kann ich saisonal und regional einkaufen und das in der Saison günstig und so für später vorsorgen. Das spart mir selbst Geld, und es erspart dem Planeten Transportwege rund um den Globus. Also geht es ans Konservieren!

Eine der ältesten Methoden, Lebensmittel haltbar zu machen und das gänzlich ohne Energieaufwand, ist die Fermentation. Bereits 3000 v.Chr., also vor 5000 Jahren! haben die Ägypter Joghurt, Bier, Wein und Essig hergestellt. Ich kann euch versichern – damals gab es noch keine schicken Fermentiergläschen im Kleinformat zu kaufen. So weit braucht man aber gar nicht zurückgehen. Eure Eltern und Großeltern können euch vielleicht noch aus eigener Anschauung berichten, dass man selbst Most, Senf und Essig herstellte, Sauerkraut einstampfte, Gurken einlegte uvm. Verwendet wurde dafür glasiertes Steingut, die man beim Hafner/Töpfer erstand und die große Volumen hatten. Es sollte ja über den Winter reichen. Dafür gab es dann aber auch nicht unzählige Rezepte, die gläschenweise umgesetzt wurden. Sondern man hat halt mal ein paar Zentner Kraut eingestampft und fässerweise Most angesetzt usw.

Heute leben die allermeisten von uns nicht mehr allein von dem, was sie anbauen und so bleibt Zeit und Gelegenheit für Variation. Ein paar Gläser Sauerkraut, ein paar Gläser Kimchi, noch ein paar Gläser scharfe Chilisoße… Die Gläser dürfen dazu ruhig klein sein – so lassen sich nämlich auch Reste schnell noch retten für später. Zu viele Radieschen oder Möhrchen gekauft? Fermentieren!

Was ist eigentlich Fermentation?

Fermentation ist eine Methode, Lebensmittel ohne Energieaufwand haltbar zu machen. Dabei verändert sich aber die Konsistenz des Ausgangsprodukts. Bekanntestes Beispiel: Sauerkraut, das weich und sauer ist, während Kohlblätter frisch knackig und nicht sauer sind. Auch der Geschmack verändert sich also. Die Geschmacksveränderung lässt sich mit Gewürzen individuell gestalten. Ob ins Sauerkraut Kümmel und Wacholderbeeren muss oder geriebener Apfel oder Meerrettich oder Weinblätter oder, oder… Es gibt in jeder Region viele Rezepte – und das gilt auch für alles andere, was man fermentieren kann.

Von Natur aus leben auf Gemüse, Obst, Kräutern,… auf uns, …und in der Luft,… Mikroorganismen. Die können in die Zellen des zu fermentierenden Gemüses eindringen. Dort ernähren sie sich von Zucker.  Achtung – wir reden hier von erwünschten Mikroorganismen, die aus Weißkraut Sauerkraut, aus Chinakohl Kimchi, aus Milch Joghurt, Kefir, Käse,… machen! Nicht von Schadorganismen, die zu Fäulnis führen. Diese erwünschten Mikroorganismen jedenfalls vermehren sich schnell und so schaffen sie sich selbst ein stabiles Klima, in dem schädliche Organismen gar keine Chance mehr haben. Deshalb sind fermentierte Lebensmittel auch sehr lange lagerfähig. Und: diese Mikroorganismen sind unglaublich gesund. Insbesondere für die Darmgesundheit sind sie förderlich.

Fermentation geschieht unter Luftabschluss. Deshalb muss das Fermentationsgut immer gut bedeckt sein – kommt es mit Luft in Berührung, kann es verderben. Früher hat man – ich bleibe mal beim Kraut – das Kraut so lange gestampft, bis so viel Saft ausgetreten war, dass es komplett bedeckt war davon. Dabei wurde Salz zugegeben, das konservierend wirkt. Und ggf. Gewürze. Dann wurde das Ganze noch mit sauberen Blättern bedeckt, häufig fanden da Weinblätter oder Meerrettichblätter Anwendung. Das alles noch mit Steinen beschwert, damit nichts aufschwimmen konnte und das Gefäß mit einem Holzbrett abgedeckt. Bei der Entnahme mussten dann Brett und die Blätter weggenommen und nach der Entnahme penibel wieder aufgelegt werden. Dabei war Sauberkeit sehr wichtig, um nicht nachträglich, z.B. durch schmutziges Werkzeug, Schadorganismen in das fermentierte Gemüse zu bringen. Ein bisschen moderner sind die Gärtopfe, die es noch immer zu kaufen gibt, die mit passenden Gewichten geliefert werden (die dann aber nicht schick designt, denn mal ehrlich: man sieht die eh nicht). Diese Töpfe haben eine Rinne, in welcher nicht nur der Deckel liegt, sondern die auch mit Wasser befüllt ist. Das sorgt für luftdichten Abschluss. Dieses Design gibt es auch schon seit sehr langer Zeit – man muss also gar nichts Neues dazu auf den Markt bringen. Allerdings – das sind Gefäße ab 5l – das ist schon eine ganze Menge für einen kleinen Haushalt mit 1 oder 2 Personen.

Für Kleinkram, wie hier mal Kimchi, da mal fermentierte übriggebliebene Rettiche… reichen tatsächlich Gläser. Und iIch will hier nix gegen Kunsthandwerk gesagt haben und wer das nötige Kleingeld hat, der kann das ja gerne für schicke Gläschen und Gewichte für Fermentationsgut ausgeben. Wichtig ist mir nur zu sagen, dass man für Fermentationszubehör erstmal gar kein Geld ausgeben muss. Man kann nämlich ganz einfach die Gläser sammeln, in denen man Gemüsekonserven gekauft hat. Samt DSchraubeckel – die schließen luftdicht. (Günstig ist trotzdem, die ersten Tage das Glas auf ein Teller zu stellen, weil es schon mal so heftig gären kann, dass es den „Deckel lupft“ und Flüssigkeit austritt.) Also – alles Dinge, die du eh daheim hast und die z.T. sonst in die Recyclingtonne kämen. Ob man Gewichte bei solchen kleinen Mengen wirklich braucht? Bei kleinem Glasdurchmesser ist mit einem einzelnen Blatt schon alles fest zugedeckt und kann gut festgestopft werden. Wer unbedingt Gewichte will, kann für solche kleinen Gefäße lebensmittelechte Glasmurmeln nehmen. Damit ist man nämlich flexibel und kann alle möglichen Glasgrößen verwenden und je nach Durchmesser unterschiedlich viele Murmeln auflegen. Wichtig: Lebensmittelecht. Und ja: das gibt es zu kaufen, ist aber in jedem Fall günstiger als irgendwelches Lifestyle-Gedöns.x.

Auf dem Foto siehst du einen Teil meines Vorrats an Gläsern für die Fermentation. (Ich nutze die aber auch zum Einkochen und kleinere Formate und Flaschen natürlich für Marmelade, Gelee, Essiggurken, Saft, Ketchup,…) Alles eigentlich „Abfall“. Re-Use statt Re-Cycle!

Hier mal ein sehr simples Rezept, für das man aber auch schon 1250ml Volumen braucht, also mehrere Gläser. Daran sieht man vielleicht, was mich so aufregt – ich müsste ja erstmal Gläschen für 27€ kaufen, um 2 Bund Radieschen haltbar zu machen… Irre!

Fermentierte Radischen

Du brauchst:

  • 2 Bund Radieschen oder Eiszapfen
  • 20g Salz
  • Pfefferkörner
  • 1 TL Senfkörner
  • Wasser

Wie es geht:

  • 1l Wasser aufkochen, das Salz darin auflösen.
  • Derweil die Radieschen waschen, putzen, je nach Größe ganz lassen oder in Viertel schneiden oder auch in Scheibchen. Große schöne Blätter aufheben!
  • Gewürzkörner in sterilisierte Gläser (ich stelle die frisch heiß ausgespülten Gläser für 20 Min. bei 100° in den Backofen) legen, die Radieschen dicht daraufschichten, entweder mit Radieschenblättern oder mit lebensmittelechten Glasmurmeln beschweren und mit der Salzlake auffüllen. Es sollen ca. 3cm „Luft“ nach oben sein, wenn das Glas verschlossen wird, damit es beim Gären nicht platzt!
  • Nicht vergessen: Beschriften, was drin ist und wann es angesetzt wurde.
  • Bei Zimmertemperatur, aber nicht in der Sonne! Stehen lassen, dann fängt es bald an zu blubbern und Bläschen steigen auf. Nach ca. 5 Tagen kühl stellen (Kühlschrank oder kühler Keller). Lecker sind die Radieschen erst nach frühestens nochmal zwei Wochen, sie halten sich kühlgestellt aber über Monate.

Passt super als Vesperbeilage zu belegten Broten!

Was ist dein liebstes Fermentationsrezept?

 

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