Wildnis auf dem Balkon – das geht doch gar nicht! Viiiiel zu klein. Wo soll denn da eine Wildniszone hin?
Also – erstens: bloß weil es in der Permakultur 5 gibt, muss man die nicht zwangsläufig alle haben. Manche sprechen übrigens von 6 Zonen, weil sie das Innere des Hauses (oder auch das Ich) als Zone 0 bezeichnen und mitzählen. Und das schematisch so einfach aussehende Bild, der sich um die Mitte, also ein Haus, kreisförmig nach außen wachsenden Zonen – wer kann das schon genau so umsetzen. Die meisten von uns haben doch einfach schon bauliche Gegebenheiten, mit denen sie designen müssen.
Kann also sein, dass du nur Zone 1 und 2 hast. Oder so wie ich – neben Zone 1 und 2, wo ich täglich fürs Kochen ernte (1) oder wo ich zumindest täglich mal hinschaue, aber ohne jedesmal was tun zu müssen (2) – noch eine Zone 5 – eine Wildniszone. Genaugenommen hab ich davon sogar 3 Stück. Ein Balkonkasten von 60cm Länge, in einer Ecke, die ich nur noch erreichen kann, wenn ich Töpfe wegrücke – da wachsen die ganz Harten: Fetthenne, Berglauch, Mauerpfeffer. Die kommen aus, ohne dass ich sie gießen muss – und machen den Boden so dicht, dass ich auch nicht jäten muss. Ein 80cm-Kasten, da habe ich einheimische Wildblumen und Kräuter drin. Da kann ich ohne Trittleiter nicht wirklich sehen, was drin wächst. Gepflanzt habe ich Löwenzahn, Gänseblümchen, Spitzwegerich, Breitwegerich, Rote Taubnessel, Knoblauchsrauke, Giersch, Wilde Malve, Wiesenlabkraut – einfach mal über die Wiese gegangen und eine Miniwiese zusammengestellt. Da kippe ich Wasser in den Speicher, bis mir „maximale Füllung“ angezeigt wird – und das wars an Pflege. Und dann gibt es noch die Wilde Ecke auf dem Beitragsbild. Da stehen in der Balkonbrüstung ein 60cm-Kasten und 3 Töpfe, an die ich auch nur drankomme, wenn ich vorne Töpfe wegschiebe. Und weil da Gehölze drin sind, schiebe ich die nicht wirklich jemals weg. Also musste da was hin, das keine Aufmerksamkeit und Pflege braucht.
Im ganz linken Topf wächst eine Fetthenne (keine Ahnung welche, die tauchte einfach so auf im Garten), Zypressenwolfsmilch – und ein Eisenkraut, das offensichtlich mit dieser windigen (5. Stock, Hausecke), extrem besonnten (Südseite) und trockenen (Dachvorsprung) Ecke super klarkommt. Der Topf steht da nämlich so seit 2021 – und alle leben noch immer. Rechts hinterm Pfosten versteckt sich ein Topf mit Wilder Karde, Wilder Möhre und was da sonst noch angeflogen kommt. Genauso resistent. Im äußeren Eck steht derzeit ein Flieder, unterpflanzt mit Quellen-Hornkraut (macht sich überall breit). Außerdem steckt da ein Totholzast, als Landeplatz für Vögel, die erstmal die Lage peilen wollen.
Uuuund – mittig, meine neueste Kreation, ein 60cm-Kasten mit Echtem Steinklee, Weißem Steinklee, Wundklee und Hornklee. Und der begeistert mich jetzt echt. Auf die Idee kam ich, weil im alten Wilden Kasten irgendwann mal nichts mehr anderes als Klee überlebt hat. Ursprünglich war das auch so eine bunte Wiese im Kleinen – aber ich hatte wohl Klee mit eingeschleppt – und der hat selbst den Giersch überwältigt. Also Klee! Ich wollte aber auch höherwachsende Pflanzen, denn zum einen ist das die Blickachse zum Nachbarbalkon und ich wollte mehr Privatheit. Und – es ist eben Südseite, also knalleknülleheiss. Beschattung ist also auch kein Fehler. Und der Steinklee – der fiel mir als sehr trocken- und hitzeresistent auf. Im Garten hat er nämlich die Ritzen unserer Terrasse erobert – und die ist so ziemlich der heißeste Punkt im Garten.
Und jetzt schaut euch das mal an – den Kasten habe ich erst Mitte Mai bepflanzt. Beide Steinklees sind inzwischen schon doppelt so hoch, der Echte ging sofort in Blüte, der Weiße zieht, trotz grauslichem Wetter, gerade nach. Beide duften aufgrund des enthaltenen Cumarins ganz wonnemäßig. Ich fahr darauf ab, wie Katzen auf Baldrian. Und die Blütenpracht ist üppigst – was auch Wildbienen und alle möglichen anderen Insekten entdeckt haben. Selbst bei Pieselwetter ist der Klee besucht. Und – obwohl er so hoch wächst, hat er sehr flexible Triebe – bei Wind schwanken die einfach heftig mit – nichts bricht ab. Wie die beiden kleineren Kleesorten klarkommen, wird sich zeigen – die haben sich seit der Pflanzung noch kaum verändert.
Jedenfalls – außer bei Trockenheit zu Gießen, muss da gar nichts gemacht werden. Die dürfen sich einfach so ausbreiten und die Lücken dazwischen können gerne wieder von per Wind oder als blinde Passagiere von Tieren mitgebrachten Samen besiedelt werden. Ich habe also: eine Ecke, wo ich praktisch nix machen muss. Wilde Pflanzen, die natürlich ergänzt werden können. Die teils in der Küche, teils in der Hausapotheke verwendbar sind. Die Bestäuber anlocken und ihnen Nahrung bieten. Die megaviele Samen machen – also auch den Vögeln in Herbst und Winter Futter bieten. Die herrlich duften. Die hoch wachsen und ergo beschatten. Und Sichtschutz bieten. Und sogar ein wenig den Wind brechen.
Typische Permakulturfrage bei der Pflanzplanung: Was KANN die Pflanze? Und je mehr sie kann, desto wertvoller ist sie in einem PK-Design – weil sie mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllt. Ich find, ich hab das gut designt, diese wilde Ecke. :-)
Was ist deine liebste „Multifunktionspflanze“?