Kürzlich im (Bio!)-Supermarkt…  Ich suche ein Glas für Keimsprossen und frage, wo ich die finde.  Antwort: Gar nicht. Samen seien ein Saisonartikel und nicht im Winter verfügbar. – WHAT????

Leute – genau JETZT ist Saison! Nach den ersten und gleich heftigen Schneefällen und Frosttagen ist gerade nicht so viel zu ernten. Was durchgefroren ist, darf sowieso nicht angefasst werden. Und im Garten ist es – zumindest bei unserem schweren Lehmboden, eine Schlitterpartie, um überhaupt ans Beet zu kommen.

Also – wenn die Ernte draußen schwieriger wird oder unmöglich, zieht der Garten kurz um nach drinnen. Es ist Keimzeit – Zeit für den Sprossenanbau!

Wobei Anbau ein großes Wort ist, für das, was wir hier tun.

Du brauchst: ein Keimglas oder -gitter – und Keimsaat. Und bist startklar.

Ob du im Glas oder auf einem Gitter keimst, hängt davon ab, welche Saaten du nutzt. Manche, z.B. Basilikum, Senf, Kresse, Rucola, ummanteln sich mit einer glibberigen Schicht, sobald sie feucht werden. Und die verstopft dir zuverlässig das Sieb im Keimglas – weshalb man sie nicht spült, sondern die Sprosse durch ein Gitter nach unten ins Wasser wachsen lässt.

Wenn du Keimsaat kaufst, steht immer drauf, ob du sie vorher einweichen musst, wie oft du sie spülen sollst, wie lange sie keimen müssen, bis sie verzehrfertig sind. Und auch, ob du sie im Glas oder auf einem Gitter anbauen kannst. Wenn du die Hinweise befolgst, kannst du nichts falsch machen.

Der ganze Vorgang im Groben:

  1. Keimsaat nach Packungsinfo einweichen oder auch nur abspülen.
  2. Ins Sprossenglas oder auf das Gitter geben
  3. Täglich min. 1x spülen. Bei Sprossgittern täglich das Wasser wechseln.
  4. Wenn die Sprossen erntereif sind,
    – im Glas nochmals ausspülen, trocken schleudern
    – beim Sprossengitter die Keimlinge mit der Schere dicht über dem Gitter abschneiden, evtl. kurz in einem Sieb abbrausen und trockenschleudern
  5. Glas/Gitter spülen und gleich die nächste Runde ansetzen. J

Übrigens – manchmal steht dabei, dass man die Sprossen hell stellen soll. Das ist aber überhaupt nicht notwendig. Samen keimt ja IN der Erde, also im Dunkeln (Ausnahme: Lichtkeimer, da fällt mir aber gerade keiner ein, der gut für Sprossenanbau wäre). Bis die Pflanzen so groß sind, dass sie Licht für die Photosynthese bräuchten – essen wir sie schon auf. Ich habe im Gegenteil sogar schon die Erfahrung gemacht, dass zu hell gestellte Sprossen sehr schnell grob werden und Wurzeln schieben, bevor sie groß genug für die Ernte sind.

Was sind eigentlich Sprossen?

Sprossen sind gekeimte Samenkörner, also Babypflanzen, die sich im Keimblattstadium befinden. Das sind die ersten beiden Keimblättchen. (Es gibt auch einkeimblättrige Pflanzen, z.B. Schnittlauch, aber den kann man ja eh, wenn er mal durchgefroren war, drin an ein kühles helles Fenster stellen und für die Indoor-Winterernte antreiben.) Die allertypischste Sprosse, welche die meisten von uns schon als Kinder selbst mal angebaut haben, ist die Kresse. Der Kressesalat besteht aus vielen einzelnen Pflänzchen im Keimblattstadium. Tatsächlich ist die Kresse ein Kreuzblütler (wie unsere Kohlarten) wächst zu einer zarten Pflanze mit  feinfiedrige Blättchen und winzige weiße Blütchen, die in Trauben zusammenstehen und aus denen sich nach der Befruchtung kleine Schoten bilden, in denen – tataaaa! – wieder neue Kressesamen heranwachsen.

Am häufigsten werden zum Keimen Samen aus der Kreuzblütlerfamilie verwendet (Kohlsorten, Rettich, Radieschen, Asiasalate, Rucola, Kresse…), aber auch Getreide (Weizen…), Scheingetreide (Buchweizen…) und Hülsenfrüchte (Alfalfa, Sojabohnen, Mungbohnen,…)

Was ist so toll an Sprossen?

Sprossen sind wahre Nährstoffbomben! Weil ein Samenkorn alle notwendigen Nährstoffe für die ersten Lebenstage des künftigen Pflänzchens enthält und dieser Vorrat noch nicht verbraucht ist, wenn wir Sprossen ernten, kommen diese Inhaltsstoffe uns zugute. In 100g Brokkolisprossen sind also viel mehr gute Dinge enthalten, als in 100g Brokkoli-Kopf.

Sprossenanbau geht schnell! Selbst die langsamsten Sprossen sind nach einer Woche verzehrfertig, viele brauchen nur 48-72 Stunden. Und damit hast du auf allerkleinstem Raum immer frisches und sehr gehaltvolles Grünzeug verfügbar.

Was macht man damit?

Toppings auf Sandwiches, Suppen, allen möglichen Gerichten, Salate, Rührei…

Wichtig: Sprossen sind sehr zart – bis auf die Sprossen von Hülsenfrüchten sind sie also am besten roh zu verzehren, um die Inhaltsstoffe nicht zu zerstören. Die von Hülsenfrüchten enthalten aber Phasin und müssen – wie Hülsenfrüchte generell – durcherhitzt werden, um sie verträglich zu machen. Das dauert aber nur sehr kurze Zeit. Willst du z.B. Mungbohnensprossen in ein Pfannengericht geben, reicht es die ganz zum Schluss 30 Sekunden mitzubraten. Alfalfa ist streng genommen auch ein Hülsenfrüchtler, wird aber häufig roh verwendet.

Kannst du jedes Saatgut nutzen?

Nein!

  • Auf keinen Fall irgendwelches konventionelles Saatgut, womöglich noch pilliert und mit –iziden behandelt verwenden – du würdest das nahezu ungefiltert mitessen. (Aus meiner Sicht: sowieso nur Bio-Saatgut, auch für den normalen Anbau.)
  • Sprossen von Nachtschattengewächse und Kürbisgewächse sind nicht essbar/giftig!
  • Hast du viel Platz und willst unbedingt selbst ernten: besonders ergiebig sind Kohlsorten, Asiasalate und Rauke. Sie bilden im Verhältnis zur Größe immens viele Samenschoten und Samen aus, blühen bis dahin sehr schön (und auch sehr früh). Für die sehr beliebten Rettich- und Radieschenkeime bräuchtest du aber, da sie nicht so viel Samen bilden, sehr viel Platz, die kaufst du besser.

„Ausrüstung“

Besonders praktisch finde ich die Keimgläser mit aufschraubbarem Gitterdeckel, der einen Bügel hat, um die Gläser schrägstellen zu können, so dass sich kein Wasser staut. Die Gläser und Gitter, die du auf meinem Foto siehst, haben alle jeweils unter 5€ und sind schon mehrere Jahre in Gebrauch.

Zu kaufen gibt es die – oft schon mit einem Startpäckchen an Keimsaat, im Bioladen, im Reformhaus,  im Supermarkt (oft bei den Gewürzen) oder im Gartenmarkt. Für größeren Bedarf gibt es auch praktische Turmlösungen, wo verschiedene Sprossen übereinander angebaut werden können und nur einmal Stellplatz brauchen. Online gibt es für Designfreaks auch chice (und teurere) Lösungen.

Auf meinem Foto siehst du noch Häubchen aus Stoff (da s ist Verbandsmull aus einem alten Auto-Sanikasten), die ich mit Haushaltsgummis auf die Gitter spanne. Das habe ich mir im Sommer angewöhnt, als gerade mal wieder Fruchtfliegen Hochsaison hatten. Im Winter sind die kein Thema, aber Augen auf, wenn du viele Zimmerpflanzen hast oder Setzlinge vorziehst: falls Trauerfliegen am Start sind – Mütze drauf, auf die Gläser!

DIY-Lösung

Eine Bekannte von mir hat ihre ersten Versuche mit alten Konservengläsern gemacht. Löcher in die Deckel gepiekst und die Gläser umgedreht auf zwei Hölzchen gestellt, damit das Wasser rauskonnte. Fertig war die Keimstation.

Erzähl mal – was sind deine Lieblingssprossen und was machst du damit?

Hinterlasse einen Kommentar